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Stand-In vor 85 Jahren

Zwischen den Jahren 1935-1942 erschien in den Niederlanden die sozialdemokratische Zeitschrift »Wij; ons werk-ons leven«. In Ausgabe Nummer 16 vom 22. Mai 1936, findet sich ein großer Schnappschuss von hinter den Kulissen eines Chan-Films, der bislang in keinem Buch zu finden war.
Wie so oft lauerten Fotografen auf gute Gelegenheiten und die kam hier in einer Drehpause von »Charlie Chan im Zirkus«. Der Film entstand im Januar 1936 im Winterquartier eines echten Zirkusses, nahe Los Angeles.

Links im Bild sitzt Warner Oland mit Zigarette und rechts Alexander Chivra, der ihm Feuer mit einem Zündholz gibt. Warner Oland griff recht häufig zum Lungentorpedo, das erkennt man schon daran, dass er sich selbst als »Kamin« bezeichnete, der im Haushalt so manches Möbel mit Zigaretten-Glut ruinierte. Als Schauspieler machte er sogar Werbung für eine Zigarettenmarke, die »nicht im Hals kratzen« würde.

Alexander Chivra (gelegentlich wird auch »Alex Chirva« genannt) wurde 1894 in Russland geboren. In wenigen Filmen, beginnend mit »Flying Down to Rio« (1933), ist er auch als Nebendarsteller zu sehen, die Hälfte davon gibts auch synchronisiert, u.a. »Ein Butler in Amerika«, »Diamanten-Jim«, »Was geschah gestern?«, »Skandal in der Oper« (alle 1935), »Tödliche Strahlen« (1936), »Einsatz im Nordatlantik« (1943).
Er starb im Mai des Jahres 1945 in Los Angeles.

Über mehrere Jahre arbeitete Alexander Chivra als Stand-In für Warner Oland am Set. Wenn Kameraleute den optimalen Aufnahmewinkel und mit den Beleuchtern das rechte Licht für eine Szene suchten, konnte das schon einige Zeit dauern.
Dafür brauchte man natürlich auch die Schauspieler und so konnte den Hauptdarstellern in der Hitze dann schon mal das Make-Up verlaufen. Damit das nicht passierte, engagierten die Studios für ihre Stars Stand-Ins (auch Lichtdouble genannt), die ihnen von Statur und Haartracht her ähnlich sahen. Kann also gut sein, dass mancher von denen länger in den Kulissen und vor der (nicht laufenden) Kamera stand, nur kennt man fast keinen.

Ethno-Stereotypen II – Disney Zeichentrick

Eine Menge von Trickfilmen, die man nie in Rassismus-Verdacht hatte, wurden auf dem Disney-Streamingportal markiert. Als Grund werden »negative Darstellungen und/oder eine nicht-korrekte Behandlung von Menschen oder Kulturen« angegeben. Darunter fallen »Dumbo«, »Peter Pan«, »Susi und Strolch«, »Dschungelbuch«, »Aristocats« u.a.

Ungläubig liest man da, dass diese Zeichentrick-Klassiker so harmlos gar nicht sind: Beim Affentanz im »Dschungelbuch« und mit singenden Krähen in »Dumbo« werden Afroamerikaner rassistisch beleidigt. Die Siam-Katzen in »Susi und Strolch« und eines der Tiere in »Aristocats« sind rassistische Karikaturen auf Asiaten.

Einiges davon ist nicht für jeden Zuschauer sofort zu sehen. Sei es, weil man den Hintergrund aus der damaligen Zeit nicht (er)kennt, oder weil man sich nie groß Gedanken über Filme seiner Kindheit macht.

Disney hat vor einiger Zeit Fox aufgekauft. Sollten die für 20/Fox entstandenen Charlie Chan-Filme jemals im Streaming-Portal auftauchen, würden sie sicherlich eine Markierung erhalten. Doch eines ist ganz klar: Dieser Vorgang ist für sich keine Zensur! Sehen darf man die Streifen dennoch ungeschnitten.

Dieser Tage sprach ein SZ-Artikel im Zusammenhang mit »Big Trouble in Little China« vom »Rückfall in die Ethno-Stereotypen eines Charlie Chan oder Fu Manchu«. In Fu Manchu, dem bösen asiatischen Klischee-Bösewicht, erkennt man leicht den »Ethno-Stereotyp«. Aber in Charlie Chan? Da muss man zuerst schlucken, wenn der Begriff »Ethno-Stereotyp« im selben Satz auf beide angewendet wird.

Das mit den Chan-Filmen am Ende nicht alles in bester Ordnung ist, leuchtet jedem ein. Ganz augenfällig ist das bei der Darstellung der Afroamerikaner, v.a. Chauffeur Birmingham Brown. Der kann oft genug nur vor Angst zittern, wo die Weißen handeln. Selten genug darf er Gangster fangen oder Feuer löschen.

Oder das: Die kritischen Kommentare von Vater Charlie gegen seinen Sohn, in den späten Monogram-Streifen, sind für sich schon ein schlechter Einfall. Wer mag, kann hinter die Charaktere schauen und sieht einen »weißen« Chan-Darsteller und einen chinesischstämmigen Schauspieler für den Sohn. So kann man es auch anders lesen: Der kluge »Weiße« sagt »dem Asiaten«, wo es langgeht. Autsch!

Es ist wichtig, kritisch über Filme nachzudenken, über Bücher, Musik und alles andere. Immer reflektieren! Denn auch das, was ein Präsident seinem Volk vier Jahre lang eintrichtert, muss nicht wahr sein.
Keiner hat gesagt, es wäre leicht. Lebe und lerne.

»Ethno-Stereotyp Charlie Chan« – Wie können wir?

In der Süddeutschen vom 3. Februar 2021 gab es einen netten Artikel zum Thema:
Alte Lieblingsfilme: Wie konnten wir das nur lustig finden? Einer der besprochenen Filme ist »Big Trouble in Little China« (1986), ein klamaukiger Streifen den man mögen kann oder nicht.

Im Artikel wird Charlie Chan als »Ethno-Stereotyp« bezeichnet. Was könnte man darunter verstehen? Wikipedia hilft bei der Definition, wonach es um ein »Glaubenssystem über typische Merkmale […] einer bestimmten ethnischen Gruppe oder Nationalität« geht. Kurz gesagt: »Vorurteile über Chinesen«.

Mit dieser Definition kann man sich den »umstrittenen Chan-Filmen« (1931-1949) annähern, denn die Bücher (1925-1932) sind wohl kaum gemeint. Demnach also schaut jemand diese Filme an und glaubt von da an: »So wie dieser Polizist sind alle Chinesen!«
Klingt abwegig, aber: Kann sein. Wer weiß schon, was in Köpfen verwirrter Geister auf diesem Planeten vorgeht?

Die alten Filme üben keine Hypnose aus, nach der jeder, der Charlie sieht, in ihm sofort eine Blaupause für alle Chinesen sieht. Mao, Deng und Xi sind viel bekannter und präsenter in den Gedanken der Menschen. Demnach könnte mancher auch von ihnen glauben, dass jeder Chinese so wäre, wie die. Moderne Zeiten bringen uns hier wohl nicht weiter.

Also zurück in die Vergangenheit: Das Bild von Charlie wurde Anfang der 1930er gegossen. Damals hat man (soweit man Historikern trauen darf) im »Westen« ALLE Chinesen entweder als böse »Gelbe Gefahr« verunglimpft oder bestenfalls als Kuli, Wäscher und Koch angesehen, die L/R-Sprechprobleme hätten. Charlie Chan ist ein geachteter Polizist, der akzentfrei spricht und (wie viele fiktive Detektive) klüger ist als seine Kollegen.

Dieses Bild vom unbestechlichen Beamten meinte der Artikel-Schreiber sicher nicht mit »Ethno-Stereotyp«, oder? Weder sahen die Drehbuchschreiber damals alle Chinesen wie Charlie, noch die Zuschauer. Wieso sollten das die Leute heute machen?

Und wie wäre es denn, sollte jemand sagen: »Dieser Chan ist typisch – alle Chinesen sind wie er!«
Charlie hat erschreckend wenig negative Seiten – wie so viele (alte) Leinwandhelden eben auch! Wer wäre nicht gerne wie Charlie Chan, wie Nick Charles (Dünner Mann), Jerry Cotton, Columbo, Rockford, Shaft, Magnum, die Harts oder – nicht zu vergessen – die Drei Engel für … – na, wen wohl? Und wie sie alle heißen!

Okay, sorry, dieser »weiße« Blogger, der gut behütet im reichen Deutschland aufwuchs, kann sich schon arg begriffsstutzig stellen 🙂
Sagen wir mal so: Charlie Chan ist auch nur ein klamaukiger Streifen, den man mögen kann oder nicht. Man kommt auch ohne durchs Leben. Gelegentlich mal einen alten Chan-Film angucken, ist für normale Menschen sicher gut verträglich 😉
[Update: Unklare Formulierungen, Link]
Ergänzung / Fortsetzung hier …

Google Doodle: Anna May Wong

Heute schon gegoogelt? Heute gabs ein Doodle von Anna May Wong.

Die meisten Charlie Chan Gucker kennen die damals berühmte Schauspielerin Anna May Wong (1905-1961) vermutlich nicht. Mitgespielt hat sie im zweiten Chan-Film zum Roman »Der Chinesische Papagei« (1926), allerdings nur in kleiner Rolle.
Mit »The Toll of the sea« von 1922 wurde die in einer Wäscherei aufgewachsene Anna May Wong früh zum Star und machte in ihrer Karriere bald 50 Filme. Die Studiobosse hatten ihren ersten Asia-Amerikanischen Leinwandstar, aber gaben ihr keine Hauptrollen.

Anna May Wong ging daher 1928 nach Europa und wurde auch hier bejubelt. Bald nach Ihrer Rückkehr in die USA drehte Sie für Josef von Sternberg. So entstand ihr hierzulande wohl bekanntester Film »Shanghai Express« von 1932. Neben der Dietrich war hier auch Warner Oland dabei – er allerdings nicht in seiner Paraderolle als „Charlie Chan“ sondern in der des Oberfieslings.
Die beiden trafen sich auch in anderen Filmen, so in »Daughter of the Dragon«.

Anno 1950 hatte Sie eine eigene Fernsehserie als Kunstdetektivin, sogar unter ihrem chinesischem Namen: Die Galerie der Madame Liu-Tsong.
Mehr? Im Buch »Charlie Chan – Eine schwarz / weiße Ära« ist ihr ein eigenes Kapitel gewidmet. Schön, dass Google so unverhofft an Anna May Wong erinnert.

Charlie Chan – Einkaufsliste, aber Achtung!

Neben den in den letzten Jahren erschienenen Charlie Chan DVDs, ist noch vieles Weitere beim deutschen Amazon erhältlich, worauf hier vielleicht noch nicht eingegangen wurde. Weihnachten nähert sich, daher eine kleine Umschau.

Kochmedia hat seine 12 Filme mit Warner Oland als Charlie Chan als Box rausgebracht und da besteht wohl kein Zweifel, dass drin ist, was man erwartet: Beste Unterhaltung.
Charlie Chan TCM Greatest Classic Films – Diese Sammlung aus „Dark Alibi“, „Dangerous Money“, „The Trap“ und „Chinese Ring“ von Turner Classic Movies ist bekannt, hatte ursprünglich aber ein anderes Cover.

Drei Boxen mit späten Toler-Chans gab es hier schon 2014 zu sehen. Greifen sollte man wohl zur Alive-Sammelbox, die dürfte die 5 dort erschienenen enthalten.
Die Kommentare auf Amazon bringen etwas Licht über den Inhalt der anderen beiden ins Dunkel. Die „Kultfilm Edition“ sowie „Meisterdetektiv“ enthalten offenbar zur Hälfte nicht-synchronisiertes Material und die Kommentare sind so vermischt, dass man sich fragt, ob die beiden nicht dieselbe Box sind. Huch!?

Es geht noch schräger. Einige Chan-Filme in Originalfassung sind frei erhältlich, sog. Public Domain. Sie wurden teilweise schon vor den neu-Digitalisierungen als analoge Versionen auf DVD gezogen, daher muss man vorsichtig sein, was man da bestellt. Da gibt es Fox-Chans ohne Hinweis auf Fox – Klarer geht nicht, oder?
Wenn zuviel unklar ist, also etwa ohne Coverbild mit ungenauen Beschreibungen geworben wird, sollte man wohl besser die Hände von lassen.

Ein Kuriosum ist diese Version von „Charlie Chan Gefährliches Geld“ – Warner Oland ist auf dem Cover zu sehen, der bei Entstehen dieses späten Sidney Toler Films, schon lange tot war. Nicht jeder weiß das. Wenig Info, keine Kommentare. Was wohl drin ist …?

Wie kommt diese italienische VersionCharlie Chan Collection Vol. 4 (2 dvd) Box Set“ auf die deutsche Amazon-Seite? Sie hat deutsche und englische Bewertungen … Aber gehören die wirklich zu diesem Produkt?

Zu guter Letzt noch was für Privat-Detektive. Viele kleine Unklarheiten – wer will ermitteln?
Charlie Chan International Investigator“ – Wer hat das denn rausbracht, ist nur eine der Fragen, die man sich da stellen sollte. Laut Cover sind enthalten 1.02, 1.05-1.16 und 2.01-2.04, 2.06-2.07 – wo sind die übrigen Fox-Filme … ?
Ach – kein Hinweis auf Fox … hm …

Das äußere sagt nichts über die Qualität im Inneren. Warum sich also nicht überraschen lassen …

Charlie Chan Filmsammlung komplettieren

Alle Charlie Chan Filme haben zu wollen, ist ein ganz natürlicher Wunsch für Fans von schwarz/weiß Krimis. Welche Streifen gibt es deutsch, und welche fehlen, nachdem alle Synchronisationen in den letzten Jahren auf DVD gepresst wurden?

In Deutschland auf DVD erschienen:
Kochmedia hat alle verfügbaren Oland-Chans (F1.02, F1.06-F1.16) in drei Vierer-Boxen herausgebracht. Mit dabei ist der nicht-synchronisierte »Charlie Chan in Paris« (F1.07), für den Untertitel angefertigt wurden.

Bei Chandler gab es Einzel-DVDs von einigen späten Toler-Chans (F3.08, F3.10, F3.11). Oben drauf zwei extra angefertigte Direct-to-DVD-Synchronisationen, eine mit Toler (F3.05) und eine mit Winters (F4.01) als Chan.

Pidax legte in den letzten Monaten mit den frühen Toler-Chans nach (F2.01-F2.11), wobei »Stadt in Dunkelheit« (F2.04) mangels Synchronfassung fehlt. Dafür rundeten sie die Doppel-DVD-Reihe mit den ausstehenden späten Tolers (F3.07, F3.09) perfekt ab.

Fehlen also: 2.04, F3.01-F3.04, F3.06 und F4.02-F4.06, die man sich im Original (oft mit engl. UT) besorgen kann. Was gibt es in den USA um die Sammlung zu vervollständigen ?

Empfehlung: Die schon 2004 erschienene »Chanthology« Box von MGM, die F3.01 bis F3.06 enthält. Klar, F3.05 wäre damit doppelt, aber ansonsten gleich drei Chan-Kids die wir hierzulande nie gesehen haben: Iris, Frances und Eddie (pardon: Edward). Hier gibt es Untertitel und Spaß!

Ordentlich: TCM / Warner brachte im August 2013 die Vierer DVD-Box: »Charlie Chan Collection« mit F3.09 (*beep* haben wir deutsch) sowie F4.02-F4.04, also drei Winters-Chans mit Yung (als »Tommy«) und Moreland, inklusive Cowboy-Ranch und Untertitel.

Im Juni 2016 legte Warner nach mit der »Charlie Chan 3-Film Collection«. Hier gibt es den bekannten 3.07 aber auch die beiden letzten Winters-Chans F4.05-F4.06 mit Luke (»Lee«) und Moreland sowie Yungs Abschiedsvorstellung (F4.05) — leider OHNE Untertitel!

Für alle, die es unbedingt vollständig haben wollen, oder selbst sehen möchten, ob »Stadt in Dunkelheit« (F2.04) gut oder schlecht ist … Den Film gibt es offiziell nicht einzeln, aber wer sich davon immer noch nicht abschrecken lässt …
Da gibt es seit 2008 die exzellente Chan-DVD-Box »Cinema Classics Collection 4« von 20th-Century/Fox, die F2.01-F2.04 inkl. Untertitel und Extras enthält. So bekommt man zwei prima Filme, einen Ordentlichen, nette Featurettes und eben diesen bislang ungesehenen Streifen.

Wünsche glückliches Reinschauen …

Chang Apana bei Hawaii Five-O

Während wir noch auf Mexiko / Chinatown warten, kann man bei aktuellen Krimis reinschauen und Ausflüge in die Geschichte erleben.
Manchmal wünschte man, die US Serie »Hawaii Five-O«, um eine fünfköpfige Spezialeinheit, möge sich mal mit dem genauso fiktiven Kollegen Charlie Chan auseinandersetzen. Nun, zum zweihundertsten Episoden-Jubiläum gibt es immerhin einen interessanten Ausflug in die Realität.

Am Dienstag 26.3. um 22:10 Uhr auf Sat 1 läuft mit »Große Träume« (Pua a‘e la ka uwahi o ka moe), die Episode 7 der neunten Staffel, die noch kein halbes Jahr alt ist:
Bei einer Restauranteröffnung erhält einer der Protagonisten Unterlagen zu einem ungeklärten Fall rund um den berühmten hawaiianischen Polizisten Chang Apana. Er träumt und glaubt, den Fall gelöst zu haben …

Chang Apana ist ein realer Polizist, der vor hundert Jahren auf Hawaii gelebt hat. Das brachte Autor Earl Derr Biggers darauf, mit Charlie Chan einen chinesischen Detektiv in Honolulu ermitteln zu lassen.