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Charlie Chan oder Mr. Moto und der Wettbetrug

Imr motos gamblem Januar 1938 schien in den Fox Studios alles seinen gewohnten Gang zu gehen. Die Produktion von »Charlie Chan am Boxring« stand an und würde im Frühsommer gutes Geld einspielen. Nebenher würde man auch Mr. Moto Filme drehen, zwei standen vor der Veröffentlichung.

Es kam anders: Charlie Chan-Darsteller Warner Oland, tief im Alkoholsumpf und von seiner Frau vor die Tür gesetzt, erlitt einen Nervenzusammenbruch; Drehen unmöglich. Die Produzenten gaben ihrem Star einige freie Tage, zogen andere Szenen vor, doch beide Seiten zerstritten sich. Schließlich wurden die Dreharbeiten eingestellt und die Kosten wären an Oland hängen geblieben.

MCharlie Chan in Monte Carlo - DVDan einigte sich dann doch noch: Die gedrehten Szenen sollten zu einem Mr. Moto-Film umgearbeitet werden, in dem Keye Luke als Lee Chan einen Gastauftritt hinlegte. Oland bekam ein halbes Jahr Erholungsurlaub und dann wollte man gemeinsam wieder Charlie Chan drehen. Im August war wieder alles bereit für den Dreh, doch dann starb Oland unerwartet und »Charlie Chan in Monte Carlo« blieb sein letzter Auftritt.

Derweil war Mr. Moto (Peter Lorre) als Kriminalist unterwegs. Eine gänzlich ungewohnte Rolle für den Spion, dem es egal war, ob er eine Lizenz zum töten hatte oder nicht. In »Mr. Moto und der Wettbetrug« gibt er ein Seminar, an dem Lee Chan teilnimmt und bei dem er einen Mord am Boxring lösen muss. Mr Moto Film PhileDer Film kam sogar noch vor »Mr. Moto und der Dschungelprinz« heraus, der bereits 1937 gedreht aber zurückgehalten worden war.

Spuren von Gift auf Boxhandschuhen und ein fieses Wettsyndikat sind die Ingredenzien des unausgewogenen »Mr. Moto und der Wettbetrug«, was sich durch die Entstehungsgeschichte erklären lässt. Lee Chan und ein Komillitone, der Ex-Boxer „Knockout“ Wellington, »helfen« in gewohnter Manier den Fall zu klären. Für Chan-Fans schöne Reminiszenzen, für Moto-Fans eher weniger Vergnügen.

 

Krimi-Mai

Da der Wonnemonat Mai mit schlechtem Wetter zu starten droht, gibt es gemütliche Krimikost am Sonntag, 3. Mai:
Auf SWR läuft ab 23 Uhr „Sherlock Holmes und das Halsband des Todes„, beim BR zur selben Zeit „Geheimnis im blauen Schloss“ nach Agatha Christie – oft verfilmt, u.a. als „Ein Unbekannter rechnet ab“.

3sat bringt ab Freitag 8. Mai einige Male „Citizen Kane“ (23:15).
Der SWR zeigt Fritz Langs „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ am 10.5., wieder sonntags ab 23 Uhr.

Charlie Chan und das große Titel-Recycling

City in Darkness - Poster 2Irgendwann im Laufe der Serie fiel es weg, das „Charlie Chan in …“ im Titel.
Irgendwann gab es genügend Konkurrenz-Serien, von denen man sich titelmäßig abheben musste.
Irgendwann erklärten Marketingfachleute, wie man einen spannenden Titel zu erfinden hatte.

Manches Studio war recht findig darin, Titel zu verwenden, die bis heute immer wieder mal recycled wurden. Fox schaffte es mit dem Charlie-Chan-Film „Stadt in Dunkelheit“, also „City in Darkness„, 1939, nicht ganz. Es gab zwar 1950 bereits wieder ein „Stadt im Dunkel“ (Orig. Dark City), dessen Originaltitel 1998 wieder für einen Kinofilm verwendet wurde aber erst 2010 gab es immerhin einen mit Namen „City of Darkness“. Allerdings ist das ein alter Hut, „The City of Darkness“ gab es schon 1914.

Black Magic - OriginaltitleWeit erfolgreicher war Monogram. Etwa mit „Schwarze Magie“, alias „Black Magic“ von 1944. Als der Titel „Black Magic“ 1949 für einen Orson Welles-Streifen gewählt wurde (dt. Graf Cagliostro), benannte man den Charlie Chan-Film „Black Magic“ kurzerhand um in „Meeting at Midnight“.

The Red Dragon“ von 1945, bei uns als „Charlie Chan in Mexiko“ bekannt, wurde 1965 als Englischer Titel für die bundesdeutsche Produktion „Das Geheimnis der drei Dschunken“ gewählt. Viel bekannter ist natürlich das gleichnamige Buch rund um den „Schweigen der Lämmer“-Hannibal. Das Buch wurde 1986 schon verfilmt und 2002 erneut als Red Dragon („Roter Drache“ – also nix mit Mexiko :-).

The golden Eye - Poster1Auch „Das goldene Auge“, der Charlie-Chan-Film von 1948, ist bekannter unter seinem Originaltitel „Golden Eye„. Da gab es 1989 die so benannte Verfilmung einer Ian Fleming-Biograpie, der bekanntlich James Bond, 007, erfand. Und der Brosnan-Bond von 1995 hieß denn auch wieder „Golden Eye“.

The Feathered Serpent“ gab es als Kinofilm schon anno 1934, hier war der ebenso benannte Charlie Chan-Film von 1948 (Der Himmelsdrache) also später dran. 1976 gab es aber noch eine kurzlebige TV-Serie gleichen Titels.
Dangerous Money“ wurde 1924 mit William Powell gedreht. Denselben Titel gab es 1946 für „Charlie Chan – Gefährliches Geld“.
Der Titel „The Trap“ (Charlie Chan: Die Falle) von 1946 wurde wieder verwendet für einen Richard Widmark-Film von 1959 (Die Falle von Tula) .

Poster The TrapCharlie Chan ist nicht die einzige Show deren Titel wieder verwendet wurden. „Fast and Furious“ war man nicht erst 2001, da gab es schon schwarz-weiße Filme – natürlich mit anderem Inhalt. Manche Titel klingen nur ähnlich, weil der Originaltitel so genial war (und man vielleicht von der Verwechslung profitieren wollte?). Etwa bei Sherlock Holmes „Die Kralle“ (1944), dessen Originaltitel „The Scarlet Claw“ von Charlie Chans „The scarlet Clue“ (1945 – Die blutige Spur) abgewandelt wurde.

Dead men tell“ (Charlie Chan auf dem Schatzsucherschiff – 1941), wurde natürlich auch schon oft verwendet, allerdings in der kompletten Form „Dead Men Tell No Tales“ (z.B. 1914, 39, 71). Und er wird wiederkommen, voraussichtlich mit „Pirates of the Caribbean 5: Dead Men Tell No Tales“ (2017).
Viele Titel sind einfach zu gut, um sie nicht wieder zu verwenden. Nur der Charakter, dieser Detektiv mit seiner Familie, der wartet schon lange auf ein angemessenes Recycling …

Charlie Chans Welt – 1930

Wie war die Welt zu Zeiten der alten Serie? Splitter einer fernen Zeit …

Die Sherlock Holmes Collection 1+++ 1930 +++ Max Schmeling wird Boxweltmeister +++ Sherlock-Holmes-Autor Arthur Conan Doyle stirbt +++ Erstmals gibt es eingefrorenes Gemüse zu kaufen +++

1930: Will Hays veröffentlicht »The Motion Picture Production Code«, den Filmemacher zur Selbstzensur benutzen sollten (»Hays Code«). Als den Studios ab 1934 sogar Strafen durch das PCA-Büro drohen, bestimmen die Richtlinien bis in die 1960er Jahre, wie in den Filmen mit Gewalt, nackter Haut, Religion usw. umgegangen wird: Die Ehe wird hochgehalten, Doppelbetten getrennt, Großaufnahmen von Toten vermieden …
Und damit ist klar, warum einiges in den Charlie Chan-Filmen so gefilmt wurde, wie wir es heute noch sehen können.

Kino/Kultur 1930:

  • »Der blaue Engel« mit Marlene Dietrich und Emil Jannings
  • »Im Westen nichts Neues« nach Erich Maria Remarque
  • Fox erste »Tönende Wochenschau« bringt Nachrichten ins Kino
  • »Die drei von der Tankstelle« mit Lilian Harvey und Heinz Rühmann
  • »The Big Trail« mit John Wayne in seiner ersten Western-Hauptrolle

Guck mal fern: Hitch und Co.

Hitchcock ist dran, u.a. mit „Blackmail – Erpressung“ am 3.4. um 06:10 Uhr auf Kinowelt TV.
3sat setzt fort mit „Berüchtigt“ und „Ich kämpfe um dich“ am 5.4. zur besten Sendezeit.

Christie ist auch dabei: Die ARD wiederholt am 4.4. um 02:55 Uhr früh das „Geheimnis im blauen Schloss„. Und für Chesterton-Fans sucht der rbb am 6.4. vormittags um 11:00 Uhr „Das schwarze Schaf„.

Benson Fong alias Tommy Chan, kann man sehen in „Der große Coup“ am 11.4. um 01:20 Uhr auf ARD. „Haben und Nichthaben“ gibt es am 19.4. um 20:15 Uhr auf arte.

Mantan Moreland

The Sky Dragon - Lobbycard 1Viele amerikanische Filmkomiker sind bei uns nie groß bekannt geworden. Das liegt natürlich daran, dass ihre Filme kaum oder gar nicht synchronisiert wurden. Mantan Moreland war einst sogar als kommendes Mitglied der „Stooges“ gehandelt worden. Das hätten „Die drei Verrückten“ nicht jedem angeboten.

The golden Eye - LobbycardMantan Moreland wurde am 3. September 1902 in Monroe, Louisiana, geboren. Schon als Jugendlicher büxte er aus, um auf dem Rummel zu arbeiten, doch fingen ihn die Jugendbehörden stets schnell ein. In den 1920ern traf er auf Ben Carter, mit dem er lange Jahre ihre berühmte Nummer „Unendliches Quatschen“ zur Perfektion brachte. Der Eine begann einen Satz, und bevor die Hauptsache gesagt wurde, antwortet der Andere schon darauf und so weiter.

Meeting at Midnight - VideoEnde der 1930er spielte Moreland kleinere Filmrollen, etwa als Kellner oder Schaffner (siehe etwa den sekundenlangen Auftritt in „Palm Beach Story“ oder Dick & Doof „A haunting we will go“), ehe er in Comedy-Abenteuerfilmen eingesetzt wurde.
Zusammen mit Frankie Darro („Charlie Chan beim Pferderennen“) bildete er anschließend ein Duo, dass mehrere Filme zusammen machte. Auch in 15 Monogram-Chans war er Co-Star. Mit dem erstarken der Bürgerrechtsbewegung galten seine typischen Rollen jedoch als nicht länger vermittelbar. Mehr dazu hier.

Shanghai Chest - LobbycardUnbestreitbar wurde gerne das Klischee vom „furchtsamen Schwarzen“ herausgeholt, doch spielte Moreland mehr als das. Er wurde von Charlie als „Assistent“ angesprochen und respektiert. Den jeweiligen Chan-Sprößlingen stand er stets tapfer zur Seite, ohne einen von denen im Stich zu lassen!
Für die Kinder war er stets Identifikationsfigur, denn man konnte sich wunderbar mit ihm fürchten. Die übermütige Art der Chan-Kinder fand man zwar toll, aber ihr Übereifer schreckte auch ab.

The Trap - Lobbycard Yung MorelandNach Chan machte Moreland viel Radio. Ende der 50er kehrte er nach 30 Jahren an den Broadway zurück. Nach einigen Schlaganfällen in den 1960ern konnte er dennoch wieder Rollen in Film und Fernsehen spielen, u.a. auch in Jerry Lewis „Die Heulboje“. Auf die Kritik an seinen Rollen hatte der Ende September 1973 verstorbene Moreland die einzig passende Antwort: „Ich war ein Komiker. Wenn ich mich nicht vor Geistern gefürchtet hätte, wäre ich nicht komisch gewesen.“

Charlies Krimi-Verwandtschaft: Der dünne Mann

Der dünne Mann - Roman Eigentlich gab es nur 1 Buch und keine Serie. Eigentlich bezieht sich der Titel auf das erste Opfer. Eigentlich wollte der Detektiv gar keiner (mehr) sein und löst den Fall nur, um endlich seine Ruhe zu haben.
Eigentlich …

Tatsache ist, dass »Der dünne Mann« von Dashiell Hammett 1934 herauskam und sofort verfilmt wurde. Wie schon »Der Malteser Falke« von 1930, der bereits zweimal verfilmt worden war, bevor 1941 Bogart die Rolle spielte, war auch dieser Stoff sofort ein Erfolg. Sowohl als Buch als auch auf der Leinwand.

Die Verfilmung hatte unzweifelhaft den Vorteil mit William Powell und Myrna Loy ein perfektes Paar gefunden zu haben. Das Drehbuch bekam einen ordentlichen Schuss Humor mit und versammelte am Ende alle Verdächtigen. Es geschah zu Silvester - Der dünne Mann - FilmkurierMan sparte sich anderseits einen langen Exkurs über Kannibalismus und gab Detektiv Nick Charles mehr zu tun, etwa das Labor zu durchsuchen.
Eine Cocktailmischung, die Nora und Nick niemals stehen gelassen hätten.

Da der Erfolg eine Fortsetzung »notwendig« machte, blieb man dem »Dünnen Mann« im Titel treu, obwohl der sich nicht auf den Detektiv bezog, sondern auf einen Erfinder. Der verschwindet und wird mit Steckbrief und Beschreibung »dünner Mann« gesucht.
Mordsache Dünner Mann - dvdEine Rolle spielt stets auch Hund Asta, was allerdings – wie der Spaß an der Show – über die Jahre abnahm. Die Filme:

  • Der dünne Mann / Mordsache Dünner Mann, 1934
  • Nach dem dünnen Mann, 1936
  • Noch ein dünner Mann, 1939
  • Der Schatten des dünnen Mannes, 1941
  • Der dünne Mann kehrt heim, 1944
  • Das Lied vom dünnen Mann, 1947

 

NNoch ein dünner Mann - DVDeben einem Kind in den mittleren beiden Filmen, trifft man gerne auch die Verwandtschaft, z.B. Nick Charles Eltern. Natürlich gab es den dünnen Mann auch im Radio und als Comic. Wie Charlie Chan drehte das Fernsehen in den 1950ern eine laue Serie.

Trotz des zeitlichen Abstandes zwischen den Filmen, handelt es sich um eine »Kino-Serie«. Jeder Streifen war stets der Hauptfilm des »Doublefeature-Abends« und nicht, wie bei den übrigen Krimis in Charlies Verwandtschaft, der etwas kürzere »Anheizer« mit Laufzeiten zwischen 60 und 75 Minuten.