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Charlie Chan und der Fluch der Rachegöttin

Nein, nein, hier geht es nicht um den 1980er Streifen »Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin«.
Vielmehr handelt es sich um Sachmet (»Die Mächtige«), die ägyptische Göttin des Krieges. Im Film wird sie als »Rachegöttin« bezeichnet, weil sie Feinde der Götter oder Pharaonen bestrafte.

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charlie-und-sachmet-screenshotDie löwenköpfige Sachmet beherrscht die Grabkammer des Hohepriesters Ahmeti, um dessen Grabbeigaben es in »Charlie Chan in Ägypten« geht. Gleich der erste Blick zeigt sie an der Wand, beim Schwenk sehen wir in den Ecken stehende Statuen. Auch im Stein, der den Sarkophag birgt, ist sie verewigt.
Bei Charlies Besuch im Laboratorium der Ausgräber steht eine mannshohe Sachmet-Statue; im Dunkeln beginnen ihre Augen zu leuchten. Später wird jemand mit ihrer Maske die Grabbesucher erschrecken. So schafft der Film durch die löwenköpfige Göttin eine Aura des mysteriösen, die dem Kriminalfall die notwendige Würze verleiht.

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sachmet-muenchenDer historische Hintergrund zum im Juni 1935 uraufgeführten Film ist bekannt: Howard Carter grub 1922 Tut-Anch-Amuns Grab im Tal der Könige aus. In den Folgejahren wurde viel vom »Fluch des Pharao« berichtet und einige Todesfälle unter Besuchern, sogenannten »Schändern der Grabesruhe«, damit in Zusammenhang gebracht.
Jon Tuska meint im Buch »In Manors and Alleys«, das der überlieferte Moment der Graböffnung von 1922 zur Vorlage wurde, für die Eingangssequenz von »Charlie Chan in Ägypten«. Als weitere Inspirationsquelle der Filmautoren verweist er auf R. Austin Freeman’s »THE EYE OF OSIRIS« (1911), wo im British Museum eine Mumie geröntgt wird.

Auch andere Autoren bedienten sich bei der realen Graböffnung, so dass manchmal nicht mehr so ganz klar ist, was davon wirklich geschah und was reine Legende ist. Etwa, dass Fundstücke abhandengekommen sein sollen. Im Film befindet sich ein Ring Ahmetis laut Charlie im Berliner Museum, weshalb er überhaupt engagiert wurde.

Ein weiteres  bekanntes Motiv sind Probleme mit der Stromversorgung, das verlöschende Licht, nachdem Professor Arnolds Leiche gefunden wurde.

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Wie passend: In München hat letzte Woche das »Museum Ägyptischer Kunst« nach dem Umzug in neue Räumlichkeiten wiedereröffnet. Die Farbfotos geben einen Eindruck von den Sälen und einigen Ausstellungsstücken wie etwa der Statue von Ramses II oder Schmuckstücken der Königin Amanishakheto.
Zudem kann man unter einer Vielzahl kleiner Statuen auch die eine oder andere Sachmet finden (siehe großes Foto).
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Charlies Auftritt bei Inspektor Clouseau

Insepktor Clouseau und Charlie Chan 1Es gibt in mehreren Filmen, Serien oder Büchern Erwähnungen/Hommagen an Charlie Chan.

Hier ist eine davon.

Inspektor Clouseau soll einen fiesen Gangster fassen, der sich verbarrikadiert hat.
Ein Ratgeber befindet sich vor Ort und der schusselige Inspektor lässt sich von dem merkwürdigen Roboter mit dem schwarzen Hut Tipps geben.
Natürlich geht der Schuss nach hinten los und egal was Clouseau versucht, er ist jedesmal der Gelackmeierte.

Insepktor Clouseau und Charlie Chan 3Insepktor Clouseau und Charlie Chan 2Was er nicht weiss: In dem Roboter sitzt der Gangster und lacht sich ins Fäustchen.
Schließlich erscheint der echte Ratgeber, ein
freundlicher chinesischer Herr mit schwarzem Hut – wer kann das bloß sein? 😉

Insepktor Clouseau und Charlie Chan 4Da Clouseau nach der letzten Pleite die Nase voll hat, hält er den neuen Ratgeber jedoch für einen Verbündeten des Gangsters und jagt ihn in den Sonnenuntergang.

(Bilder: DePatie-Freleng / United Artists)

Charlies Krimi-Verwandtschaft: Mr. Moto

think fast mr motoAls Anfang der 1930er Jahre Charlie Chan immer beliebter wurde, kamen einige Verleger und Autoren ins Grübeln.
Die „Saturday Evening Post“, bei der Earl Derr Biggers seine Chan-Krimis veröffentlichte, suchte neue Geschichten. 1934 schickte man John P. Marquand auf Asienreise und erhielt die gewünschten Ergebnisse.

Im Roman „No Hero“ trat 1935 erstmals Mr. Moto auf, doch der Autor dachte gar nicht daran in Serie zu gehen.
Die Leser wollten mehr und da er genug offene Rechnungen zu bezahlen hatte, legte er bis 1938 drei weitere Stories nach. 1941 folgte ein fünfter und erst 1956 noch ein letzter Moto-Band.

mr moto still20th-Century/Fox dachte 1935 ähnlich wie die „Post“ und sicherte sich schnell die Filmrechte, fand aber zunächst keinen Darsteller. Dann kam Peter Lorre nach Hollywood und war zunächst froh regelmäßige Arbeit zu bekommen. 2 Filme kamen 1937 in die Kinos und je 3 in den beiden Folgejahren. Dann hatte der Hauptdarsteller genug, wollte nicht auf diese Rolle festgelegt werden und hoffte auf andere Engagements.

mr motos gambleDa Chan- und Moto-Filme bei derselben Gesellschaft produziert wurden gibt es einige Überschneidungen bei den Produktionsbeteildigten. Insbesondere bei „Mr. Moto und der Wettbetrug“ (Mr. Motos Gamble), das ursprünglich als „Charlie Chan am Boxring“ in Produktion gegangen war.
Chan-Darsteller Warner Oland erlitt jedoch einen Nervenzusammenbruch: Seine Frau hatte aufgrund seines Alkoholismus die Scheidung eingereicht. Oland verließ das Filmgelände und kehrte nicht zurück. Um einen Teil der Investition zu retten wurde das Drehbuch zu einem Moto-Skript umgearbeitet. Man merkt es, denn die Struktur eines Moto-Streifens ist gewöhnlich eine ganz andere als bei Chan.
Nebeneffekt: Lee Chan, Charlies Ältester, ist in dem Film mit von der Partie, da schon viele seiner Szenen gedreht waren.

1965 gab es übrigens eine Kino-Wiederauferstehung, „The Return of Mr. Moto“, die völlig daneben gegangen ist.
Wer gern genau hinschaut: In „Mr. Moto und die Flotte“ wird auf einem Varieté-Plakat „Charlie Chan in Honolulu“ angekündigt 😉

Charlies Krimi-Verwandtschaft: Sherlock Holmes

The adventures of Sherlock HolmesDer Detektiv aus der Baker Street wird auch noch heute immer wieder neu für Kino und TV interpretiert. Insofern muss man gar nicht viele Worte verlieren, weder zum Autor (Sir Arthur Conan Doyle) noch zum Umfeld (Watson). Die Serie, von der hier die Rede ist, entstand selbstverständlich zu jener Zeit, als auch Charlie im Kino ermittelte.

Die ersten beiden Filme mit dem Duo Basil Rathbone / Nigel Bruce drehte 20th Century Fox 1939, sie spielen im viktorianischen England. Universal kaufte die Show 1942 und drehte 12 Filme bis 1946 wobei der Detektiv in das England jener Zeit versetzt ist. Holmes darf Geige und Pfeife behalten, aber die Mütze bleibt am Haken.

Die Sherlock Holmes Collection 1Die Synchronisationshistorie der aktuellen Version(en) zieht sich über 40 Jahre hin – bei selbem Hauptsprecher. Die DDR-Synchro aus den 1960/70er-Jahren wurde Anfang der 1980er vom Bayrischen Rundfunk angekauft. Nach der Wiedervereinigung produzierte das ZDF in den 1990ern die Synchronspuren der noch ausstehenden Filme.

Mit Charlie Chan gibt es marginale Überschneidungen, z.B.:

  • Mary Gordon, „Mrs. Hudson“, spielte in „Der Tod ist ein schwarzes Kamel“ und „Schatten über Chinatown“.
  • Die Eingangshalle des Baskerville-Hauses dient auch im letzten CentFox-Chan „Das Schloss in der Wüste“ als Set.

Sherlock Holmes sieht dem Tod ins Gesicht

Reingucken macht Spaß!

Charlie Chan – Es waren Dreizehn (1931)

Eran Trece - Title„Eran Trece“ („Es waren Dreizehn“) ist praktisch identisch mit CHARLIE CHAN CARRIES ON („Charlie Chan macht weiter“) und wurde von Fox Film 1931 parallel zu diesem auf spanisch gedreht. Neben den Dialogen wurden die Namen der Weltreisenden leicht angepasst.

Laufzeit: 79 Minuten
Premiere: 04.12.1931, erstaunliche 8 Monate nach dem Original

Es spielen:

Eran Trece - StillManuel Arbó[Charlie Chan]
Rafael Calvo[Inspektor Duff]
Raúl Roulien[Max Minchin]
Blanca de Castejón[Peggy Minchin]
Miguel Ligero[Frank Benbow]
Amelia Santee[Mrs. Benbow]
Juan Torena[Dick Kennaway]
Ana Maria Custodio[Elen Potter]
Carmen Rodriguez[Mrs. Rockwel]
Julio Villarreal[Dr. Lofton]
José Nieto[Captain Kin]
Carlos Diaz de Mendoza[Walter Decker]
Lia Torá[Sybil Conway]
Marin Garralaga[John Ross]
Antonio Vidal[Paul Nielson]
Ralph Navarro[Inspektor Gardner]

Beim Übergang vom Stumm- zum Tonfilm mussten die Studios sich etwas einfallen lassen. Der Aufbau der Synchrontechnik und die Akzeptanz solcherart geänderter Filme ließ noch auf sich warten. Die Auslandsverwertung gestaltete sich nun schwierig, denn selbst das Englische war nicht so weit verbreitet, dass Hollywood etwa in Kontinentaleuropa oder Südamerika auf viele Zuschauer hoffen konnte. Die neuen Untertitel, im laufenden Bild eingeblendet, waren eine Möglichkeit, aber gewöhnungsbedürftig und in Ländern mit starken eigenen Filmgesellschaften (u.a. Deutschland) konnte man so nicht konkurrieren.

In der Zwischenzeit drehte man den einen oder anderen Film schlichtweg in unterschiedlichen Sprachen mehrmals, so auch „Dracula“ parallel in spanisch. Dafür engagierte man Muttersprachler, die in denselben Kulissen direkt nach der Originalfassung spielten, bei „Es waren Dreizehn“ während der Nacht. Wo es ging engagierte man einen im jeweiligen Markt etablierten Star, in diesem Fall Raúl Roulien, dem man auch mal eine besondere Szene gestattet, hier die Gesangseinlagen bei der Abschiedsfeier, wodurch diese Fassung Minuten länger dauert als die englische.

„Eran Trece“ galt wie viele frühe Chan-Filme als verloren und wurde erst in den 1990er Jahren wiederentdeckt. Er ist untertitelt auf der ersten deutschen Charlie-Chan-DVD-Box drauf.

Charlie Chan beim Geheimdienst – Die Kritiken

Charlie Chan in the Secret Service TitleDer Film ist ein tiefer Einschnitt in die Chan-Kinogeschichte. Die Budgets von Monogram lagen weit unter denen von Fox, was sich nicht nur in billigen Sets und noch formelhafteren Drehbüchern bemerkbar machte. Hier waren Regisseure gefragt, die dafür berühmt waren ohne großes Hin und Her die erste Aufnahme durchzuwinken.

Wo die eine Zuschauerschicht wegfiel, weil sie ihre knappen Kino-Dollars nicht in „Billigheimer“ investierte, sorgte ein Komiker für garantierte Aufmerksamkeit nicht nur bei jüngeren sondern auch bei Afroamerikanischen Kinogängern: Mantan Moreland (1902-1973), beim Publikum längst bekannt und beliebt, wurde zum Co-Star der Serie und spielte, zunächst als Taxifahrer, später als Charlies Chauffeur, die Rolle des Birmingham Brown.

Manten Moreland Poster

Im besten Falle spielte Moreland den Kumpel der Chan-Söhne, der trotz seiner Furcht nicht zuschauen mochte, wie sie sich in Schwierigkeiten begaben. Er war einer, der wunderbar Kalauern konnte, am besten mit seinen alten Bühnenpartner Ben Carter (z.B. in “Ein fast perfektes Alibi”), Leute zum Lachen brachte, kiekste und manch klugen Spruch machte und regelmäßig das Schlußwort exerzierte.

Im schlechten Fall jedoch bekam Moreland nicht nur kein Material, a la „Hier hast du einen Curio Shop. Mach was Lustiges!“, schlimmer noch, immer wieder wurde der Stereotyp vom furchtsamen Schwarzen wiederholt. Wo Hollywood seinen afroamerikanischen Mitbürgern keine Hauptrolle erlaubte, beschäftigte es sie auch nur in limitierten Klischeerollen.

Wenn Tommy oder Jimmy auch den ganzen Film über nichts zustande bringen, dürfen sie am Ende doch noch eine kleine Heldentat vollbringen. Für Birmingham (oder seinen Cousin Chattanooga) gibt es keinen derartigen Ausgleich, sie sind höchstens dabei gewesen. Moreland durfte immer nur den augenrollenden, über jede Kleinigkeit entsetzten Hasenfuß spielen.

Charlie Chan in the Secret Service Still2Die einseitige Darstellung auch in anderen Streifen jener Zeit flog der Filmindustrie bald um die Ohren. Darunter litten dann aber auch die Darsteller, die ihre Kunst nur in jenem engen Rahmen hatten zelebrieren dürfen. Sie erhielten kaum weitere Engagements und ihre Filme wurden lange Zeit als minderwertig angesehen.

Das Mancher diese Chans deswegen ablehnt ist verständlich. Sie sind jedoch ein historisches Zeugnis, ein manchmal verblüffend unverstellter Blick auf das Hollywood und die Gesellschaft der 1930/40er Jahre. Beim zuschauen können wir heute viel mehr sehen und müssen all das und noch mehr einordnen.

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Kritiken zu Monogram-Chans sind selten positiv, daher:

»Variety« (12.1.1944) merkte als erster, dass das Drehbuch nicht zu den besten der Serie gehört, bemängelt lahme Regie und geschwätziges Material.
Ken Hanke (»Charlie Chan at the Movies«, McFarland & Co, 1989; S. 172ff) meint, der schlaffe und uninteressant konstruierte Plot mache Film und Zuschauer zu Gefangenem in diesem Haus.
Charles P. Mitchell (»A Guide to Charlie Chan Films«, Greenwood, 1999; S.106) sieht künstlich-wirkende Sets und hört käsige Recylcling-Musik, Monogram hätte die Serie mit einem echten Reinfall neu gestartet.
Für »Leonard Maltins Movie Guide« (Plume, 2005, S. 96) sind vor allem die geringeren Produktionsmittel allzu offensichtlich.
David Rothel (»The Case Files of the Oriental Sleuths«, BearManor Media, 2011, S. 78) hat Mitleid mit den Zuschauern, die sich schon bei früheren Chans über die langsame Story beschwerten.

Besser ein Remake als gar kein Chan

DVD The Black Camel Drehbuch-Recycling ist für Hollywood nichts neues.
Stummfilme wurden als Tonfilm neu aufgelegt, schwarz-weisses in Farbe, europäische Geschichten amerikanisiert, 2D als 3D wiedergeboren, Blockbuster als ReStart-Blockbuster und es wird so weiter gehen. Nicht dass man das Original zwangsläufig wiedererkennen muss – aber in Charlies Fall lagen die Remakes zeitlich so dicht beeinander, dass manch Zuschauer schon in den 1930/40er Jahren ins Grübeln gekommen sein dürfte.

Zunächst verfilmte 20th-Century/Fox fünf der sechs Charlie Chan Bücher neu, wovon 3 der alten Filme von Fox selber stammten:

  • Behind that Curtain (1929) – Charlie Chan’s Chance (1932)
  • House without a Key (1926) – Charlie Chan’s Greatest Case (1933)
  • The Chinese Parrot (1927) – Charlie Chan’s Courage (1934)
  • Charlie Chan carries on (1931) / Eran Trece (1931) – Charlie Chan‘s Murder Cruise (1940)
  • The Black Camel (1931) – Charlie Chan in Rio (1941)

Hamilton MacFadden war Regisseur von „The Black Camel“ und spielte eine Mini-Rolle als Regisseur der Crew-im-Film. Im Remake „Charlie Chan in Rio“ war er nur als Schauspieler dabei und dürfte geweint haben, wie man den Stoff 10 Jahre später so viel schlechter umsetzen konnte.

Monogram machte keine Remakes im engeren Sinn sondern arbeitete ältere Drehbücher um.
So startete der dritte Chan-Darsteller der Serie mit zwei gut abgehangenen Drehbüchern von Mr. Wong-Krimis. Mr. Wong war – ähnlich wie Mr. Moto – überhaupt erst wegen Charlies Erfolg als asiatischer Ermittler geschaffen worden. Und kaum hatte man mit „The golden Eye“ schon fast einen Chan-Western gemacht, passte man für den Nachfolgefilm sogar ein Western-Skript an:

  • Mr. Wong in Chinatown (1939) – The Chinese Ring (1947)
  • Mr. Wong, Detective (1938) – Docks of New Orleans (1948)
  • Riders of the whistling Skull (1937) – The feathered Serpent (1948)

Drehbuchschreiber Oliver Drake schrieb nicht nur den Western „Riders of the whistling Skull“ (lt. Jon Tuska, „In Manors and Alleys“, Greenwood, 1988), sondern bastelte das ganze selber zum Charlie Chan „The feathered Serpent“ um. Schauspieler Robert Livingston war in beiden Streifen dabei.

Alles nichts gegen den Erfinder von Charlie Chan: Earl Derr Biggers veröffentlichte 1913 seinen Roman „Seven Keys to Baldpate“, der bis zu seinem Tod 1933 viermal verfilmt wurde, davon dreimal stumm, und bis 1947 folgten zwei weitere Remakes.