Parodie funktioniert nur, wenn die parodierte Figur bekannt genug ist. Das war bei Charlie Chan, dem Chinesen mit den klugen Sprüchen, definitiv der Fall. Leider mischten sich in diese Parodien oft viele überholte Klischees über Asiaten, die man so in Charlies Filmen nie findet. Dadurch ist das Ergebnis zumindest aus heutiger Sicht mitunter schwer verdaulich.
Im Vergleich zu den anderen Parodien stammt diese hier direkt aus der Zeit, von 1935!
Al Hirschfeld hat zahllose Schauspieler karikiert. So auch Warner Oland im Film „Old San Francisco“ von 1927 zusammen mit Anna May Wong und Kamiyama Sojin (Chan in „Der chinesische Papagei“).
Sein Bild zu „Charlie Chans Geheimnis“ wurde erneut aufgegriffen, als Charlie an einem Tisch mit Leinwand-Größen (um nicht zu sagen -Bösewichten) sitzt, oder gleich im Cafè mit Dutzenden Stars.
Die „Jerry Lewis Show“ vom 8. Juni 1957 (Youtube, ca ab 10:30 bis 23:40) lieferte die groteske Nachahmung eines Mordfalls.
Lewis gibt eine Asiaten-Karikatur und Keye Luke ist als Helfer mit von der Partie. Tatsächlich gibt Luke den Sohn, darf sich aber nur unablässig verbeugen.
Am nächsten an eine Chanparodie kommen Sprüche wie „Gastfreundschaft ist wie Brusthaare – Herzerwärmend!“
Die nächste Parodie stammt aus „The Jack Benny Program“ vom 1. November 1959 (Youtube, ca 12:45 bis 25:00).
Im Sketch hat Chan (Jack Benny) sich von Kriminalfällen zurückgezogen und betreibt eine Wäscherei.
Sohn Nummer Eins wird von Gaststar Jack Webb dargestellt, der durch die Serie „Dragnet“ (1951–58) als Darsteller und Regisseur bekannt wurde.
Die Episode trägt den Titel „Charlie Chan strikes back“ (CC schlägt zurück), alternativ auch „Dragon net“. (btw: Die deutsche Serie „Stahlnetz“ übernahm Konzept und Titelmusik von Dragnet)
Möglicherweise gab es einen guten Grund, wieso größere Parodien danach ausblieben und nicht mehr unter dem Namen „Chan“ statt fanden?
Eleanor Biggers (1887-1976), Witwe des Autors Earl Derr Biggers, verklagte die Show und den Sender (CBS) wegen unerlaubter Verwendung der Figur Charlie Chan. Man einigte sich außergerichtlich.
1966 traf in der von Mel Brooks mitkonzipierten Serie „Mini-Max“ (Original: Get Smart) der Held auf einen Polizisten namens „Harry Wo“ (Harry Hoo) aus San-Francisco. Die Episode 1.25 hieß „Wer ist Wo?“ (The Amazing Harry Hoo, Youtube).
Später gab es ein Wiedersehen in 2.8 „Ein Südseeparadies“ (Hoo Done It). Von einer Agentenparodie darf man viele Klischees erwarten. Bei einer Chan-Parodie führt eine Spur z.B. unweigerlich zu einer chinesischen Wäscherei.
Die Krimikomödie „Eine Leiche zum Dessert“ (Murder by Death) von 1976 mit gleich fünf Detektiv-Parodien muss man nicht mehr erklären.
Die Charaktere Sidney Wang und Adoptivsohn Nummer Eins Willie Wang beziehen sich natürlich auf Chan und Sohn.
Die Hommage an klassische Detektivfiguren ist noch heute für Lacher gut: Die Waldorfschule Gütersloh hat es im Februar auf die Bühne gebracht.
Es folgen noch einige kurze Reminiszenzen an die große alte Detektivfigur.
Joe Piscopo wollte zum Einstieg von „Saturday Night Live“ am 21. Januar 1984 (Episode 9.10) eine Parodie auf Phil Donahue abliefern – zumindest ist das der Aufhänger.
Erst bei der Aufnahme bemerkte er, dass er auf Charlie Chan geschminkt worden war, stürmte hinter die Kulissen und zoffte sich mit den Maskenbildnern.
Lange vor der Muppet Show trat Rowlf regelmäßig in „The Jimmy Dean Show“ auf.
Etwa bei Minute 21 von Episode 130 (Youtube, 23. April 1964) setzt Rowlf sich einen (japanischen) Strohhut auf und Jimmy meint, er sehe aus wie ein chinesischer Kuli. Der erschöpfte Rowlf antwortet mit „Ah so! Ehrenwerte Füße bringen Sohn Nummer Eins um“ (dabei tauscht er noch l zu r – sic!).
Der verrückte Inspektor (Clouseau) aus den Pink-Panther Filmen trifft in der Episode „Pierre and Cottage Cheese“ (Youtube, 6 min.) vom 26. Februar 1969 auf einen unbenannten Ratgeber. Unschwer zu erkennen: Es ist Charlie Chan, der die Gesichtszüge von Sidney Toler trägt.
Bei den Animaniacs (Episode 1.25) taucht eine Hommage auf, als Hercule Yakko sich mit folgenden Worten vorstellt: „Hercule Yakko. Darf ich meine Assistenten vorstellen? Dr. Wakko und Nummer Eins Schwester.“
Bei den SIMPSONS muss man mit allem rechnen. Unter den „25 Books to Read Before You’re Murdered“ befindet sich der Band „Charlie Chan and the Curse of the Talented Mr. Ripley“ von „Patricia Earl Biggersmith“ 😉
Von Detektiv zu Detektiv: Conan Edogawa ist der Protagonist der japanischen Serie „Detektiv Conan“. Jeder Band enthält einen Eintrag zu Gosho Aoyamas Detektivlexikon. In Band 29 wird Charlie Chan vorgestellt.
EL PAIS (Das Land) ist eine Institution des spanischen Journalismus. Das Cover von PEQUEÑO PAÍS (Kleines Land) von 1980 sollte Andriola-Comics ankündigen. Würde jemand Charlie erkennen, wenn es nicht dabei stünde?
Leo Baxendale zeichnete für The Beano Book 1955 „Charlie Choo, the Chinese Detective with his sons Ah Choo and Choo Choo“.
Durchatmen.
Einen aufgeblasenen Charlie Chan gibt es bei Pinterest: Charlie aus Ballons.
Es gibt auch heutzutage etliche Zeichner, die Charlie gerne aufgreifen, und sei es als Auftragsarbeit.
Steve Bryant schuf 2011 Charlie Chan and Son Number One investigate the Mystery of the Lotus Blossom, das wie ein Comic-Cover wirkt.
Das Bild findet sich auch auf ComicArtFans – und es ist bei weitem nicht das einzige, wie sich zeigt:
Bei Jean-Marie Minguez trifft Charlie auf Mr. Moto.
Bei Dean Kotz kniet Charlie am Tatort, offenbar in seiner Heimat Hawaii.
Von Chris Schweizer stammt die feiste Karikatur des Detektivs von der Honolulu Polizei. Hat was von Poirot und Cannon 😉
Die gute alte TV-Kriminacht ist wohl Thema bei Bret Herholz mit „Tonight on Mystery! … Sherlock Holmes, Dr. Watson, Ms. Marple, Hercule Poirot, Mr. Moto & Charlie Chan“
Das Bild von Greg Theakston zeigt einen Oland-Chan vor einem Hintergrund, der auf den ersten Blick zu dem späten 4.05 – „Die gefiederte Schlange“ passen würde. Aber ein zweiter Blick zeigt: Passt so.
Turner Mohan und G.Turnbull präsentieren sich mit „Sherlock Holmes & Charlie Chan in The Singular Affair of the Accursed Statue“
David Hitchcock schuf „The Case of the Trident Killer starring Sherlock Holmes & Dr. Watson, Charlie Chan, Mr. Moto, Hercule Poirot and Ms. Marple“.
Auf ComicArtFans gibt es noch weitere Reminiszenzen und Material zu Charlie. Vielleicht folgt in den nächsten Jahren noch mehr?
Zudem findet sich das Cover eines nicht mehr bei Charlton erschienenen Heftes 10, auf dem die ganze Chan-Familie zu sehen ist.
Auch Cover-Entwürfe der Hefte Eins und Zwei der DELL-Comic-Serie aus den 1960er Jahren sind zu entdecken. Gezeichnet von Frank Springer findet sich ein weiteres, zu einem nicht mehr erschienenen dritten Heft.
Charlie Chan Parodien sind mitunter charmant, manchmal schwer verdaulich: Ist es noch Detektiv-Hommage oder doch nur ein Aufwärmen von Asiaten-Klischees? – Im Zweifel lieber ein guter alter Chan-Film als eine miese neue Parodie! Und damit lassen wir es gut sein.